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Podiumsdiskussion am LLG

Lesedauer: 5 Minuten

Am 10. September wurde in der E-Aula des Landgraf-Ludwigs-Gymnasiums eine Podiumsdiskussion zur diesjährigen Bundestagswahl durchgeführt. Teilgenommen haben Politiker aus den sechs aktuell im Bundestag vertretenen Parteien.

Die Diskussion wurde von Josephine Klein und Leander Schätz aus der Q1 und Amelie Gelzenleuchter aus der Q3 organisiert und moderiert.

Von der CDU hat Prof. Dr. Helge Braun, aktueller Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramts, teilgenommen. Er hofft in der nächsten Legislaturperiode die in den vergangenen 8 Jahren von der Bundesregierung begonnenen Prozesse im Bereich Digitalisierung und Klimaschutz weiter fortsetzen zu können.

Auf Seiten der SPD steht Felix Döring, ein Lehrer an der Gesamtschule Hungen. Bildung ist für ihn ein wichtiges Thema, und er ist der Überzeugung, dass diese kostenlos sein sollte.

Von der AfD war Uwe Schulz anwesend. Er ist beruflich im Bereich Kundenservice/Service Marketing unterwegs und hat nun seine erste Legislaturperiode im Bundestag beendet. Dort ist er in der digitalen Agenda und im Ausschuss Digitale Infrastruktur und Verkehr tätig. 

Dennis Pucher von der FDP ist mit einem Unternehmen im Bereich der Digitalisierung selbständig und das erste Mal ein Direktkandidat für den Bundestag. Prägend für ihn war vor allem die Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem; diese möchte er weiter ausbauen.

Außerdem anwesend war der stellvertretende Parteivorsitzende der Linken, Ali Al-Dailami. Seine Erfahrungen mit dem deutschen Sozialsystem und Arbeit im Niedriglohnsektor haben ihn zu der Linken als die einzige Partei geführt, die für ihn die sozialen Probleme Deutschlands erkennt und bekämpfen möchte.

Behzad Borhani sieht diese Antworten bei Bündnis 90/Die Grünen. Die sozial-ökologische Transformation der gesamten Gesellschaft müsse vorangetrieben werden. Soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz gehören für ihn zusammen.

Die Diskussion wurde in drei Themenblöcke unterteilt:

  1. Klimapolitik
  2. Wirtschaftspolitik
  3. Arbeit und Soziales

Die Teilnehmer waren begrenzt auf 1:30 Minute pro Beitrag. Insgesamt wurde über 2:15 Stunden diskutiert. 

Zunächst ging es um die Gestaltung einer Klimapolitik, die allen Generationen gerecht wird.  Ministerpräsident Helge Braun hebt hervor, dass diese in den letzten Jahren bereits aktiv geführt worden sei. Er zeigt sich optimistisch, dass die CO2-Einsparziele erreicht werden, und sieht in der Zukunft auch Wasserstoff als zweite Energiequelle. Insbesondere die nächsten zehn Jahre würden entscheidend sein. Bezugnehmend auf die kürzlichen Extremwetter-Ereignisse relativiert er die Frage nach dem immensen Kostenaufwand für den Klimaschutz – die Folgen des Klimawandels würden langfristig einen deutlich größeren wirtschaftlichen Schaden bedeuten. 

“Klimaschutz rechnet sich. Vermeiden ist besser als reagieren” (Helge Braun)

Al-Dailami geht darauf ein, indem er die Probleme einer CO2-Steuer hervorhebt. Eine CO2-Bepreisung sei weder sozial, noch effektiv für die Unternehmen. Zudem würde sich ein globales Problem nicht alleine mit einer nationalen Steuer lösen lassen. Stattdessen würden Maßnahmenpakete für die Industrie und ein Ausstieg aus der Kohleverstromung benötigt. 

 

Bei der Frage nach der Finanzierung eines kostenlosen ÖPNV hat Al-Dailami auch eine klare Antwort: 

“Wir müssen das Geld dort holen, wo es sich […] stapelt” (Ali Al-Dailami)

Er fordert die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, sowie eine einmalige Vermögensabgabe. 

An dieser Stelle widerspricht Pucher. Es sei erwiesenermaßen nicht sinnvoll, Reiche zu besteuern. Einerseits habe Deutschland einen großen Mittelstand, andererseits hätten viele Menschen ihr Geld angelegt. Das führe zu mehr Arbeitsplätzen und mehr Innovation. Stattdessen plädiert er für eine Besteuerung von großen Online-Konzernen, die aktuell keine Steuern in Deutschland zahlen. 
Borhani sieht die Lösung in einer Erhöhung des CO2-Preises. Um diese sozial zu gestalten, werde das Geld über die Senkung der EEG-Umlage zurückgezahlt. Wichtig sei es, Anreize für klimafreundliches Verhalten zu schaffen und Alternativen anzubieten statt Verbote zu errichten.
 
 

Auf die Frage, ob bei Klimaschutz alleine auf den Markt gesetzt werden sollte, antwortet Pucher zunächst, dass auch die FDP nicht alleine auf den Markt setze. Besonders der Wohnungsmarkt und Wohnungsbau müssten gezielt unterstützt werden. Er habe allerdings beobachtet, dass staatliche Maßnahmen meist kontraproduktiv seien. Stattdessen würde der Markt Dinge effizient und schnell regeln.

 Borhani widerspricht dem; der Markt regle nicht alles. Unternehmen würden Unterstützung von Politik im Bereich Klima und Soziales benötigen, und es müssten  Rahmenbedingungen in Form von Gesetzen gestellt werden. 

Auch bei dem Thema Windkraft gab es unterschiedliche Positionen. Felix Döring erklärt, wie eine Akzeptanz für diese in der Bevölkerung erreicht werden kann. Es müsse erklärt werden, dass der Windkraftausbau der nächste wichtige Schritt sei. Er sei auch offen für einen Kohleausstieg vor 2038, aber hierfür müsse der Windkraftausbau in ganz Deutschland nachgeholt werden.

“Hat der Markt den Mindestlohn eingeführt, der das Leben der Menschen verbessert hat?” (Behzad Borhani)

Auch Schulz hat eine Meinung zur Windkraft als erneuerbare Energie. Einerseits stelle sich die AfD klar gegen Windkraft, gleichzeitig gehe es ihm um einen Mix aus Windkraft- und Solaranlagen. Eine 100%-ige Energieversorgung durch Windräder, betont er, würde ¼ der Fläche Deutschlands in Anspruch nehmen. Das heimatliche Landschaftsbild würde zerstört werden.

“Sie müssen sich auch mal mit Gegenmeinungen befassen, und nicht immer auf genehme Experten hören” (Uwe Schulz)

Döring widerspricht und betont, dass nicht 100% der Energie durch Windkraft generiert werden soll. Er grenzt sich außerdem vom Begriff der Verbotspolitik ab, indem er argumentiert, dass bestimmte Regeln und Gesetze benötigt würden, damit eine Gesellschaft existieren kann. Deswegen müssten Anreize für klimafreundliches Verhalten geboten werden. Eine nachhaltige Lebensweise müsse sich allerdings auch finanziell lohnen. Nur so könne man dafür sorgen, dass sich das Individuum klimafreundlich verhalte. 

 

 

“Wenn es so weitergeht wird Deutschland ausbluten […] [und] zum Entwicklungsland werden” (Uwe Schulz)

Die AfD fördere eine ideologiefreie Erziehung und Bildung. Schulz kritisiert das unreflektierte Folgen einer “Klima-Ideologie” und kritisiert, dass Meinungen von Experten in der Klimadiskussion einfach angenommen werden würden. So nimmt er auch Bezug auf Wissenschaftler mit anderen Ansichten bezüglich Corona. Wichtig sei eine technologieoffene, ideologiefreie Diskussion ohne Meinungsverbote.

 

An diesem Punkt widerspricht Döring. Es sei ein wissenschaftlicher Fakt, dass der Mensch einen maßgeblichen Anteil am Klimawandel hat. Auch Al-Dailami kritisiert Schulz’ “pure Ideologie”, welche die Wahrheit und Wissenschaft leugne. 

Helge Braun beendet die Diskussion mit der Beobachtung, dass fünf Parteien anwesend seien, die den Klimawandel bekämpfen wollen, und eine die es anders sehe; und dass nur diejenigen Parteien an der Regierung beteiligt sein würden, die den Klimawandel tatsächlich bewältigen wollen. Auf Borhanis Vorwurf, dass in den letzten Jahren trotzdem nicht viel passiert sei, antwortet er nur, dass seit er da ist viel gemacht worden sei. 

 

In den folgenden 1,5 Stunden wurden noch die Themenblöcke Wirtschaftspolitik, sowie Arbeit und Soziales diskutiert. Zwischendurch gab es für die Schüler:innen des LLGs die Möglichkeit, selbst (Nach-)Fragen an die Direktkandidaten zu stellen. Zum Schluss wurden in einer Blitzrunde noch Fragen gestellt, bei der die Kandidaten nur mit Daumen hoch und Daumen runter ihre Meinung kundtun konnten. 

Der zweite und dritte Teil der Diskussion ist hier zu finden.