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Vergleich

Vergleich Kanzlerkandidaten

Lesedauer: 6 Minuten

Ein Beitrag von Malaika Berhe.

In Deutschland wählen die Bürger:Innen, und damit auch indirekt den Kanzler, da dieser vom Bundestag gewählt wird. Normalerweise wird der Kanzler von der größten Partei gestellt.
Schon vor der Bundestagswahl legen die Parteien einen Kanzlerkandidaten fest, der Kanzler werden soll, im Fall dass die Partei den Kanzler stellen kann. Nicht jede Partei muss dies machen, nur die die denken, dass sie eine Chance dazu haben. So stellt z.B. die Linke nie einen Kanzlerkandidaten auf, da sie noch nie nah an einem Wahlergebnis war, mit dem sie den Kanzler hätte stellen können.
Dieses Jahr haben CDU (Armin Laschet), SPD (Olaf Scholz) und Die Grünen/Bündnis 90 (Annalena Baerbock) Kanzlerkandidaten aufgestellt.

Wie wichtig die Kanzlerkandidaten für die Ergebnisse der gesamten Partei sind, ist nicht eindeutig geklärt, aber sie sind nicht ganz unwichtig. So gehen die Kanzlerkandidaten z.B. oft auf Wahlkampftouren oder sind im Fernsehen sehr präsent. Auch überlegen sich manche Wähler, ob sie die Person, deren Partei sie wählen, gerne als Bundeskanzler sehen würden.

Die Kandidaten repräsentieren in der Theorie hauptsächlich die Ansichten ihrer Partei. Wenn ihr also zu den konkreten Thesen mehr erfahren möchtet, schaut gerne in unsere Artikel zu den Wahlprogrammen der SPD, CDU und Grüne. Hier erfahrt ihr mehr zu den Personen selbst.

 

Kanzlerkandidat der CDU, Armin Laschet, ist seit mehr als 30 Jahren in der Politik bei der CDU aktiv. Seit 2017 ist er Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und seit Januar 2021 Vorsitzender der CDU. Als „Maß und Mitte-Kandidat“ folgt er Merkels Vorbild.

Für Laschet ist sein christlicher, katholischer Glaube sehr wichtig. So war er auf einem katholischen Gymnasium, im Studium in verschiedenen katholischen Studentenverbindungen und für vier Jahre Chefredakteur einer katholischen Kirchenzeitschrift. Von 1999-2005 saß Laschet im Europaparlament und bezeichnete sich selbst als „leidenschaftlicher Europäer“.

Während seiner Amtszeit als erster Integrationsminister NRWs von 2005-2009 bekam er den Spitznamen „Türken-Amin“. Seine liberale Haltung gegenüber der Einwanderung kam in großen Teilen der CDU nicht besonders gut an. So Laschet wollte die Einwanderung nicht mehr als Bedrohung, sondern als eine Chance wahrnehmen.

Schon früh zeigten sich seine (für die CDU liberalen) Ansichten. So war er 1999 teil der „Pizza-Connection“, einem informellen Treff zwischen Politikern der Grünen und CDU, durch den er bis heute ein gutes Verhältnis zu vielen führenden Grünen-Politikern hat.

Auch stand Laschet 2015 fest hinter Merkel und ihrer damaligen Flüchtlingspolitik, die er bis heute befürwortet. Auch im neuen Afghanistan-Konflikt fordert er die Aufnahme von möglichst vielen Menschen in Deutschland. Auf Twitter schrieb er jedoch „Die Fehler von 2015 dürfen sich nicht wiederholen“, woraufhin eine heftige Twitter-Debatte aufbrannte. Gemeint gewesen sei damit lediglich, dass Flüchtlingslager in der Region finanziert werden sollten.
Laschets Wirtschaftspolitik ist gerade in NRW sehr industriebezogen. Die wegfallenden Arbeitsplätze, die z.B. durch den Kohleausstieg entstehen, sollen vom Staat abgefedert werden und es solle in Forschung und Alternativen investiert werden.
Seine Politikerfahrenheit und Regierungsverantwortung werden ihm häufig als Plus angerechnet. Doch diese wird ihm mit seiner Corona-Politik teilweise zum Verhängnis. Sie wird oft als „Zick-Zack-Kurs“ beschrieben. Gerade in NRW preschte Laschet häufig mit Öffnungen und Lockerungen vor, auch wo Merkel noch abwarten wollte.

Annalena Baerbock ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestags. Zuvor war sie von 2009 bis 2013 Landesvorsitzende der Grünen in Brandenburg. Seit 2018 ist sie gemeinsam mit Robert Habeck Bundesvorsitzende der Grünen. Im Juni 2021 wurde sie zur Kanzlerkandidatin der Grünen nominiert und ist damit die erste Kanzlerkandidatin der Grünen. Regierungserfahrung hatte sie noch keine. Baerbock hat in Hannover Völkerrecht studiert und in London einen Master of Laws gemacht. Während ihrer Studienzeit hat sie als Journalistin gearbeitet.
Bis zu ihrer Wahl als Parteivorsitzende war Baerbock noch eher unbekannt. Zunächst habe sie im Schatten ihres Co-Vorsitzenden Habeck gestanden, doch habe sich auf seine Augenhöhe hochgearbeitet, schreibt Deutschlandfunk. Baerbock ist fachlich versiert und kann sich sehr präzise ausdrücken. Während sie zu Beginn des Wahlkampfs noch eher zurückhaltend war, wird Baerbock jetzt kämpferischer, so wie auch im Triell. (Von FAZ)

Als potenziell jüngste Kanzlerkandidatin, mit 40 Jahren, erhoffen sich die Grünen, dass sie vor allem auch jüngere Wähler erreichen. Baerbock steht für Veränderung. Ihr größtes Anliegen ist, wie das ihrer Partei, der Klimaschutz. Dieser solle in der Zukunft das Fundament für Sicherheit und Wohlstand sein. Auch im sozialen Bereich solle sich viel verändern. In Kitas und Schulen sollten sich die Kinder wohl fühlen können und in der Pflege solle für eine Entlastung der Pflegekräfte geschaffen werden.

Dass Baerbock trotz ihrer fehlenden Regierungserfahrung das Bundeskanzleramt übernehmen möchte, begründet sie mit ihrem Willen etwas zu verändern und dazuzulernen.

Doch auch Baerbock hat Fehler gemacht. So hat sie im Mai 2021 zugegeben, dass sie vergessen habe das Weihnachtsgeld ihrer Partei dem Bundestag als Nebeneinkunft zu melden. Auch hat sie Aspekte in ihrem Lebenslauf geschönt und dieser musste mehrmals korrigiert werden. Für beides hat Baerbock sich mehrmals entschuldigt und ihre Fehler eingesehen.
Dazu kommen noch Plagiatsvorwürfe für ihr Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“, in dem sie Passagen abgeschrieben haben soll. Sowohl Baerbock als auch ihr Verlag weisen die Vorwürfe zwar zurück, haben aber Quellenangaben zu den neueren Auflagen hinzugefügt.
Des Weiteren wird Baerbock vorgeworfen nur Kanzlerkandidatin der Grünen geworden zu sein, da sie weiblich ist und dies der „Genderkultur“ der Grünen entspreche.

Olaf Scholz ist der Kanzlerkandidat der SPD. Mit 63 Jahren ist er knapp der älteste Kandidat. Scholz ist seit einem Alter von 17 Jahren Mitglied in der SPD. Von 1982 bis 1988 war er stellvertretender Bundesvorsitzender der Jusos, ist also schon früh politisch aktiv gewesen. Scholz hat in Hamburg Rechtswissenschaften studiert und arbeitete ab Ende der 80er Jahre als Anwalt für Arbeitsrecht.
Scholz fehlt es nicht an Erfahrung. Von 1998 bis 2011 war er Mitglied des Bundestags, 2002 wurde er Generalsekretär der SPD. Von 2007 bis 2009 war Scholz Bundesminister für Arbeit und Soziales, ab 2011 bis 2018 Bürgermeister Hamburgs. Von 2009 bis 2019 war er stellvertretender Parteivorsitzender der SPD und seit März 2018 ist er Bundesminister der Finanzen und Vizekanzler. An Regierungs- oder Politikerfahrung mangelt es ihm also nicht. RP-Online beschreibt Scholz als einen nüchternen, faktenverliebten Taktierer. Von Teilen der SPD wurde Scholz auch schon „Scholzomat“, als Anspielung auf seine angeblich roboterhafte, kalte Art, genannt.

Scholz selbst vertritt einige eher linke Positionen innerhalb der SPD. So fordert er schon lange einen Mindestlohn von 12€ die Stunde. In Sachen Klimapolitik mahnt Scholz, als Bundesminister für Finanzen, zu Realismus. Er fordert, dass erst die erneuerbaren Energien ausgebaut werden müssten. In Sachen Impflicht ist Scholz überzeugt, dass diese nicht nötig sei, sondern, dass die Argumente fürs Impfen die Bürger allein überzeugen würden.

Scholz fordert, dass man in die Zukunft investieren solle. So möchte er zum Beispiel in die Infrastruktur, sozialen Wohnungsbau und günstigere bzw. kostenlose Kitas investieren.

In den Jahren, in denen Scholz politisch aktiv war, musste er verschiedene Krisen überwinden. Mit am populärsten vermutlich der Cum-Ex-Steuerskandal. In diesem habe der Finanzminister weggesehen und ihn treffe die politische Schuld sagen Union und Opposition. Scholz behauptet, er habe die nötigen Konsequenzen aus dem Skandal gezogen, in dem er die Verantwortlichen ersetzt habe. Dies reicht einigen seiner Kritikern jedoch nicht.

In den aktuellen Umfragen liegt Scholz bei der Frage „Wen hätten Sie am liebsten als Bundeskanzler*in?“ weit vorne (Abb. 1). Ob dies aufseiner eigenen Beliebtheit oder eher der Unbeliebtheit der anderen Kandidat*innen basiert, ist schwer zu sagen. Doch seit Scholz Kandidatur sind die Umfragewerte in der Sonntagsfrage für die SPD deutlich gestiegen.